Ancestral Healing

Letztes Jahr haben Stefanie und ich an einen online Kurs bei Thomas Hübl zum Thema „Heilung der Ahnenbeziehungen“ teilgenommen. Kernaussagen waren, dass eine gute Anbindung an unsere Ahnen einen wesentlichen Einfluss darauf hat, wie wir in der Welt stehen und wie gut es uns gelingt, unsere Identität zu entwickeln, sowie, dass diese Anbindung durch Traumata, insbesondere durch Krieg und Vertreibung stark beeinträchtigt wird. Außerdem geht Thomas Hübl davon aus, dass eine Heilung der Beziehungen zu unseren Ahnen nicht nur uns heilt, sondern auch Rückwirkungen auf unsere Vorfahren hat.

In Kleingruppen haben wir uns erzählt, was wir von unseren Vorfahren noch wissen, und es war sehr berührend zu erfahren, wie ähnlich die Geschichten in den regionalen Gruppen waren.

Heute Nacht lag ich lange Zeit wach. Es begann mit einem Kribbeln in den Beinen, das sich in Richtung Becken und Lendenwirbelsäule weiter bewegte und zu einem starken Strömen anwuchs. Damit verbunden waren starke Gefühle von Dankbarkeit und In-meinem-Leben- angekommen-Sein. Mir wurde bewusst, dass Reisen und „die Welt entdecken“ auch eine große Sehnsucht meines Opas mütterlicherseits war. Wie ich erst kürzlich von unserer Ahnenforscherin, Debby, erfahren habe, hat er seit Anfang der 1920er Jahre mehrfach als Maschinist den Atlantik mit dem Schiff überquert, bis er dann 1925 mit seiner schwangeren Frau, meiner Oma, nach Long Island ausgewandert ist. Dort wurden meine Mutter und ihre Zwillingsschwester geboren. Der Aufbruch in die neue Welt ist aus mir nicht bekannten Gründen gescheitert. Sie sind 1928 nach Deutschland zurück gekehrt. Ich vermute, dass es meinem Großvater nicht gelang, hier Fuß zu fassen, weil er im ersten Weltkrieg traumatisiert wurde und dies nie überwunden hat. Er wurde in Deutschland krank und schließlich mit der Diagnose Schizophrenie in die Charité in Berlin gebracht. 1943 wurde er von den Nazis ermordet.

Auch in der Familie meines Vaters spielte Reisen eine große Rolle. Seine älteste Schwester Lisbeth ging nach Holland in die Lehre, arbeitete in England bis zum Kriegsausbruch und hat von 1950 bis zu ihrem Tod 2006 in Florenz gelebt. Sein älterer Bruder Kurt war für das auswärtige Amt tätig und lange Zeit in Singapore. Und auch meinen Vater habe ich immer ganz anders erlebt, wenn wir zusammen auf Urlaubsreisen waren: lebendiger, positiver, präsenter.

Heute Nacht erschien es mir so, als hätte ich, hätten Stefanie und ich, nicht nur meinen oder unseren Lebenstraum in die Tat umgesetzt sondern nachträglich auch noch die meiner Vorfahren. Ich spürte eine eine große Freude, die auch damit begründet war, die Sehnsucht meiner Ahnen zu erfüllen.

Übertragen auf unsere Reise und die Weite dieses riesigen Landes fühle ich mich, als hätte ich die undurchdringlichen Wälder der Ostküste überwunden und befinde mich nun am Anfang der unendlichen Weite der Prärie mit all ihren Möglichkeiten und neuen Herausforderungen. Die nächste zieht mich auch schon magisch an, die Rocky Mountains.

4 Anmerkung zu “Ancestral Healing

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