Golden Gate

Wir sind am Pazific angekommen! Das sogenannte Golden Gate, die Meerenge, die vom Pazifik aus in die Bucht von San Franzisko führt, sieht aber gar nicht so golden aus. Ich bin etwas enttäuscht, als wir von Osten her über die andere große Brücke, die Oakland Bridge, auf die Stadt zufahren. Mir fällt zuerst der Müll an den Straßenrändern auf, etwas, das ich bisher in den US-amerikanischen Städten so nicht gesehen habe. Erst als wir näher kommen, ist zu erkennen, dass die Golden Gate Bridge tatsächlich rot ist, wie sie sich auf Postkarten und Kalenderbildern präsentiert – aber das bekannte Tiefblau des Himmels fehlt.

Der zweite wesentliche Eindruck ist ein Kriegsschiff, das im Hafen vor Anker liegt, ein Flugzeugträger oder Ähnliches, vor dem sich eine lange Schlange von Menschen gebildet hat, die es offensichtlich besichtigen wollen. Die Straßen Richtung „Fishermen’s Wharft“ sind von Militärgerät und Esständen gesäumt. Und als wir endlich einen Parkplatz gefunden haben, werden wir gebeten, doch wieder wegzufahren, weil wir die Aussicht verstellen. Bald darauf, wir sind inzwischen über die Golden Gate Bridge auf die andere Uferseite, nach Sausolito, ausgewichen, sehen wir, was diese Leute sehen wollten: eine Flugshow der US-Airforce.

Irgendwie passt das so gar nicht zu meinem Bild von San Franzisco als weltoffener Stadt, den Geburtsort der United Nations, Zentrum der Hippie- und der Friedensbewegung. Ganz abgesehen vom Namen der Stadt, der doch auf den Heiligen Franziskus von Assisi hinweist.

Wir beschließen, den Downtown-Ausflug zu verschieben und wandern vom Fuße der Golden Gate Bridge ein Stück die Küste entlang.

Meine erste Begegnung mit dem Pazifik.

Ein rauher, ungezähmter Ozean. Und während wir vor zwei Tagen noch bei 30° im See gebadet haben, scheint hier schon Winter zu sein.

Auf unserem Küstenspaziergang kommen wir an einer Party von jungen Leuten vorbei. Hier trifft sich tatsächlich ein buntes Gemisch von Menschen jeglicher Coleur. Und diese bunte Vielfalt entdecken wir auch abends, bei einem Bummel durch San-Franzisco-Chinatown.

Außerdem beobachten wir im Auf-und-Ab der „Straßen von San Franzisco“ allerdings auch viele, die offensichtlich auf der Straße leben – und auch einige, die sich hier an Häuserwänden zum Drogendeal oder -Konsum treffen.

Insgesamt ist unser Fazit eher ernüchtert. Da auch der Parkplatz, den wir für die Nacht ausgesucht hatten, besetzt ist, beschließen wir, rauszufahren und in den Bergen außerhalb der Stadt zu übernachten.

Dann ergibt sich allerdings an einer Schelltankstelle noch eine (völlig unnötige) Begegnung zwischen Andreas und einer grau-gelockten (ehemaligen) Schönheit. Aus meiner Sicht vom Beifahrersitz aus, vertiefen sich die beiden immer mehr in einen Austausch von Nettigkeiten. Als Andreas wieder einsteigt, eröffnet er mir strahlend, es gebe einen Parkplatz, auf dem wir direkt am Meer übernachten könnten. „Direkt am Meer“ klingt für mich unter diesen Vorzeichen eher bedrohlich. Aber gut. Überflüssigerweise eskortiert uns die Schöne dann auch noch direkt dahin. Ein Parkplatz neben einem Leutturm, vor dem der schnaubende Pazifik sich immer wieder gegen die steinernen Uferbefestigungen stürzt. Für Andreas das Paradies, für mich die Hölle. (Wer uns kennt, ahnt vielleicht, wie die Nacht verlaufen ist.)

Wegen des typischen San-Franzisco-Nebels konnten wir dann auch am Morgen nichts vom berauschenden Pazifik erblicken. Hat sich das gelohnt?

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