„Hierve El Agua“ („Es kocht das Wasser“) ist ein Naturereignis in den Bergen, etwa 70 km von Oaxaca entfernt. Aus den Überläufen warmer Quellen sind hier „steinerne“ Wasserfälle entstanden. Als wir am späten Nachmittag dort ankommen ist allerdings außer mehreren Reihen von Holzverschlägen, an denen Taccos, Obst oder Mezcal angeboten werden, von denen die meisten aber bereits geschlossen hatten, nicht viel zu sehen. Neben unserem Auto bauen einige Männer eine Tribüne auf. Für die Toilette muss man 5 Pesos zahlen. Sonst ist nicht viel los. Erst als wir einigen versprengten Menschen einen Fußweg ein Stück bergab folgen, sehen wir die Wasserbecken umhüllt von einem extravaganten Bergpanorama.

Das Wasser ist nicht eiskalt, aber auch nicht gerade warm. Trotzdem baden einige wenige Leute darin. Eine ältere Frau scheint die heilende Wirkung, die dem Wasser zugeschrieben wird, auf jeden Fall voll auskosten zu wollen.
Weil das sehr mineralstoffhaltige Wasser sehr langsam über den Beckenrand fließt, haben sich an der Unterseite der Becken eine Art Stalaktiten.

Sehr beeindruckend!
Das Schönste war, dass wir, nachdem wir dem vorgegebenen Weg immer weiter gefolgt und einige Treppen hinuntergestiegen und nun fast ganz alleine unterwegs waren, von einer Frau (die aus meiner Sicht Deutsche war, weil sie „deutsche“ Birkenstocksandalen trug) den Hinweis bekamen, dass es sich um einen Rundweg handelt. So war der Spaziergang rund um das „kochende Wasser“ wirklich eine runde Sache.
Als wir zurück zum Parkplatz kamen, war neben der Tribüne ein rundes Gatter entstanden und dann fuhren Pickups mit jungen Stieren vor. Ein Rodeo?
Tatsächlich: Zu Ehren der „Jungfrau von Guadalupe“ sollte heute Abend eine Stierrodeo stattfinden, inklusive Musikband, Chips, Kakao und Mezcal (das ist Schnapps aus Agavenblättern).

Die Virgin de Guadalupe ist uns in den letzten Tagen öfter begegnet.

Sie wird hier hochverehrt und zwischen dem 8. und 12. Dezember auf unterschiedliche Weise gefeiert. Dei Verehrung geht wohl auf die Erscheinung Marias, der Mutter Jesu, im 16. Jahrhundert zurück. Das Besondere an dieser Maria war, daß sie weder Aramäisch noch Englisch, sondern Nahuatl, die Sprache der Azteken sprach. So konnte der zapatekische Bauer, dem sie begegnete, sie mit Omecihuatl, der weiblichen Seite des großen Götter-Elternpaares der Azteken identifizieren. Ich denke, so kam es, dass sich in der Folge viele Indigene dem christlichen Glauben anschlossen, weil sie ihn für eine Fortführung ihrer Traditionen hielten – und die christlichen Überlieferungen dementsprechend interpretieren.
Nun sollte also zu Ehren der göttlichen Jungfrau-Mutter ein Stierkampf stattfinden. Und ich kann mir vorstellen, dass die Liebe Frau Gefallen hatte an dem Aufgebot junger Männer, die sich halb cool, halb aufgeregt auf ihren „Kampf“ vorbereiteten.
Obwohl ich aus ethischen Gründen nicht so ganz begeistert war, waren wir doch neugierig und suchten uns einen Platz auf der Tribüne. Musik durfte natürlich nicht fehlen:
Bei diesem Kampf ging es darum, eine Stier zu reiten und möglichst lange auf dem (armen) mit Händen und Füßen um sich schlagenden Tier sitzen zu bleiben.

Einige der Muchachos waren darin echt gut. Es scheint, sie haben hier eine handfeste Möglichkeit, ihren Mut, ihre Kraft, ihr Geschick unter Beweis zu stellen. Aber die beiden Chicos vom Cruz Rojo hatten an diesem Abend einiges zu tun.

Aber dass es hier auch schonmal blutig zugehen kann, hält niemanden davon ab, sich das Spektakel zusammen mit Kind und Kegel anzusehen.

Toller Bericht, DANKE!