Als wir in die Wüstenstadt einfahren, ist mein erster Eindruck eine Frage: Gibt es hier mehr Nagelstudios oder mehr Kirchen? (Dabei muss man sich Kirchen hier als flache, meist eher kleinere Gebäude vorstellen, die durch Kreuze oder Eindladungen zu Gottesdiensten oder Jesus als Treffpunkte christlicher Gemeinden erkenntlich sind.) Herausragend sind auf jeden Fall die hoch aufgebockten Werbeschilder, mit denen Rechtsanwälte auf sich aufmerksam machen.

Also, Las Vegas in der Mittagshitze wirkt eher langweilig. Wie viele hier lockt auch unser Motel mit günstigen Preisen und gutem Essen. Darüberhinaus soll es einen Pool und eine Business-Lounge geben. Nichts davon ist wahr. Aber wir können unser Auto direkt vor dem Zimmer parken und unser Frühstück dort zubereiten.
Was man allgemein unter Las Vegas versteht, beginnt offensichtlich abends ab 18 Uhr. Männergruppen, frisch geduscht in Shorts und T-Shirts, Familien, Paare aller Altergruppen, Menschen aus aller Welt, verlassen die einfachen Hotels und streben den Casinos zu. Uns direkt gegenüber ist das MGM, mit 5700 Zimmern eines der größten Hotels der Welt, dessen Inhabern zudem die eine Hälfte des gesamten „Strip“ gehört. Hier gastiert der magische David Copperfield, von dem wir nur das überlebensgroße Conterfei auf der Außenfassade zu sehen bekommen.
Von dort gelangen wir über eine Rolltreppe ins „NewYork“ und haben Gelegenheit, die Freiheitsstatue aus der Nähe zu betrachten.

Ein kleiner Anachronismus: Im Hintergrund ist das „Exkalibur“ des legendären King Arthur zu sehen. Und gleich nebenan – wie praktisch – ist der Eifelturm und Venezia, mit einem Stück Canale Grande, der Seufzerbrücke und der Markuskirche.
So individuell die Außenfassaden und auch die Eingangshallen gestaltet sind, so ähnlich ist das, was sich drinnen abspielt: Unzählige etwa drei Meter hohe Spielautomaten, manchmal auch Rouletttische oder Gelegenheiten zum Wetten oder Würfelspielen. Wie immer habe ich auch hier keine Lust zu spielen. Andreas auch nicht. Wer weiß, ob es Glück oder Pech war?




Die größte Herausforderung für mich in Las Vegas ist die Klimaanlage. Sie abzustellen kann tödliche Folgen haben. Sie anzulassen bedeutet, auch nachts mit ihrem Dauerrauschen zu leben. – Ich habs überlebt.
Man kann wohl Las Vegas nicht besuchen, ohne eine Menge Geld auszugeben. Gespielt haben wir nicht. Dafür haben wir eine der Shows des großen Cirque du Soleil besucht: „Michael Jackson One“. Und das war große Klasse. Bühnenbild, Tanz, Artistik, Beleuchtung, Sound und Schauspiel haben uns den „King of Pop“ auf sehr bewegende Weise nahe gebracht.

Als wir am nächsten Morgen die erhitzten Straßen nach einer Poststelle durchsuchten, habe ich mich manchmal gefragt, was die Künstler und Artisten des Cirque wohl am Tage treiben, wie sie leben, ob ich erkennen würde, dass dieser oder jene eine/r von ihnen ist ….
An diesem letzten Morgen ist mein Haupteindruck von Las Vegas: Es saugt Energie. Am Tag durch die Hitze, Millionen von Klimaanlagen, ohne die hier niemand freiwillig leben würde, pusten noch mehr Wärme in die Straßen. Nachts zieht sie dir das Geld aus den Taschen … Und das Wasser für die Millionen von Hotelgäste, die mindestens einmal täglich duschen? Es kommt aus dem hinter dem Hooverdamm gestauten Colorado, dem Lake Mead, dessen Wasserspiegel aufgrund von Dürreperioden in den letzten Jahren um 35 m gesunken ist.
What to say? Vielleicht eine Frage: Wie lange kann eine Stadt existieren, ohne Rücksicht auf die Bedingungen des Platzes?