Mit dem Bus kommt man überall hin

Das gilt vielleicht nicht für Deutschland, aber wohl für Guatemala. Jedenfalls versichert uns der Supermarktverkäufer, dass es kein Problem ist, nach Chichicastenango zu kommen: „Ihr nehmt zuerst das Boot nach Panajachel“ meint er und wedelt dabei mit einem 10-Quetzal-Schein. „Dann steigt ihr in den Bus nach Sololá. „Er nimmt einen 5-Q-Schein aus seiner Kasse. „Dort nehmt ihr den Bus nach Los Encuentros.“ Nochmal 5-Q. „Und dann den nach Chichi.“ „O“, sage ich, „das ist wohl ziemlich weit“, und stelle mir vor, mit wie vielen Verspätungen und Ausfällen wir wohl rechnen müssten, wenn wir eine solche Strecke mit der Deutschen Bahn zurücklegen wollten. „Nein“, meint der Mann an der Kasse, „das ist nicht weit!“

Also machen wir uns am nächsten Tag auf den Weg. Wir sind seit zwei Tagen am Atitlansee, einem Bergsee, der auf etwa 1500 m Höhe liegt und von Bergen umgeben ist, von denen manche Vulkane sind.

Rund um den See liegen einige Dörfer, die zu einem großen Teil von Indigenen bewohnt werden. San Marcos, das Dorf, zu dem unser Campingplatz gehört, soll zudem noch einen ganz besonderen natürlichen Vibe haben und ist des wegen bevölkert von „Esoterikern“ aus aller Welt. Neben Obst und Gemüse, Perlenschmuck und geflochtenen Körben, die von Einheimischen angeboten werden, gibt es hier auch ausgesuchte alternative Kleidung, indischen Schmuck, französisches Brot und italienischen Espresso.

Recht früh für unsere Verhältnisse stehen wir hier also morgens am Bootsanleger. Erstaunlicherweise ist auch gleich ein Boot da, das genau dahin fährt, wo wir hinwollen. Wir steigen ein und schon brettert das Boot über die Wellen in Richtung des anderen Seeufers. Mit uns sind einige Frauen aus den Dörfern unterwegs und wir haben eine Dreiviertelstunde Zeit und Gelegenheit, ihre schönen Trachten, die schwarzbunten Wickelröcke und die bunten, reich bestickten Blusen zu bewundern.

Ich bin, ehrlich gesagt, trotzdem froh, als die Fahrt vorbei ist. Irgendwie finden wir komplikationslos den Weg vom Hafen zur Bushaltestelle und unterwegs noch eine Toilette. Der Bus steht schon da, wir können gerade noch einsteigen und schon geht’s los. Sololà ist eine Stadt mit äußerst engen und steilen Straßen, das haben wir bereits am eigenen Auto erfahren. Für den Busfahrer scheint das kein Problem zu sein.

Die Busse sind immer gut gefüllt. Und immer wenn ich denke, jetzt sind wir voll, steigen noch Leute ein. Erstaunlicherweise finden fast alle einen Sitzplatz, nach dem Motto: „Wo ein Po ist, ist auch ein Platz!“ Dabei scheinen hier nicht wenige die Fähigkeit zu haben, auch bequem zwischen den Stühlen zu sitzen.

Auch für den letzten Umstieg werden wir gleich in den richtigen Bus gelotst – und sind schon wieder unterwegs. Im Sausetempo geht es bergauf und bergab, rechtsherum, linksherum – ein Real-Life-Karussel.

Dann, nach etwa dreieinhalb Stunden Boots- und Busfahrt, stockt der Verkehr kurz vor unserem Ziel, dem berühmten Markt von Chichicastenango. Die ersten Marktbesucher kommen schon wieder zurück, Pick-ups oder Minibusse voll beladen. Einige Busse transportieren große Plastiksäcke, Planzen oder Baumaterial, andere haben Körbe auf dem Dach, aus denen Hühner oder Truthähne ihre Köpfe strecken. Aber wir stehen. Andreas wird ungeduldig. Also steigen wir aus und laufen die letzten eineinhalb Kilometer zu Fuß. Ich glaube, ich habe noch nie so viele Abgase eingeatmet.

Als wir endlich da sind, habe ich keine Lust mehr auf das bunte Treiben, bei dem doch nur jede/r etwas verkaufen will. Und vegetarisches Essen finde ich auch mal wieder nicht.

Die Kirche San Tomas bietet einen willkommenen Fluchtort.

Vor der Kirche beobachten wir, wie ein hoher Baumstamm, so etwas wie ein sehr hoher Maibaum, aufgestellt wird. Ein Mann in einem Lederfransenkostüm bringt in schwindelnder Höhe ein Gestell mit Seilen an. Und und sehen wir einige Männer, die ähnlich verkleidet sind wie die „Krutblättsche“ zum Fasent-Umzug. Sieht alles sehr spannend aus. Aber ich habe keine Lust mehr auf das Gedöns, und wir haben noch 3 Stunden Bus-und Bootsfahrt vor uns. So kommt es, dass wir die „Fliegenden Männer“, die sich dort hoch oben anseilen und eine Art Tanz in der Luft aufführen, traditionell, um die Aufmerksamkeit der Götter zu erregen und um dringend benötigten Regen zu bitten, verpassen.

Krass, dass wir das verpasst haben! Wir waren so nah dran. 😵‍💫

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