Semana Santa

Vor der Küste Tampicos liegt eine Ölbohrinsel und in der Stadt selbst eine große Raffinerie. Deshalb wollten wir eigentlich nicht unbedingt dort Station machen. Weil aber unsere derzeitigen Reisegfährten, Gabi und Klaus, schöne Bilder von einem fast menschenleeren Strand geschickt haben, sind wir doch hingefahren. Als wir am Samstannachmittag ankamen, war vom einsamen Strand allerdings nichts mehr zu erkennen. Alle Parkplätze voll besetzt. Von Gabi und Klaus keine Spur. Doch, da, ein paar hundert Meter weiter sichten wir ihren Unimog und finden noch einen Platz neben ihnen, fast am Strand.

In dieser „heiligen Woche“ vor Ostern sind in Mexiko Ferien – für alle! Familienausflüge zum Strand sind offensichtlich eine der Lieblingsunternehmungen.

Ich weiß nicht, welche Rolle Traumata in der mexikanischen Gesellschaft spielen und welche Ängste die Menschen hier plagen, eine Angst scheinen sie jedenfalls nicht zu haben: Angst vor Nähe. Sie gehen am liebsten dahin, wo schon viele sind. Das hat für uns den Vorteil, dass „unser“ Strandabschnitt relativ leer bleibt, während sich rechts und links immer mehr Strandbesucher tummeln.

Aber nicht nur der Strand und der Parkplatz davor sind voll. Als wir am Dienstag einen Ausflug ins historische Zentrum machen, werfen wir auch einen Blick in die Kathedrale. Gerade ist Gottesdienst.

Voll besetzte Reihen und hinten stehen die Menschen – an einem Dienstagmittag, allerdings vor Ostern, in der „heiligen Woche“. Offensichtlich ist vielen Mexikanern Religion wichtig. So oder so:

„Jesus liebt dich“, hält man uns an einer Ampel vor Augen. Neben altehrwürdigen katholischen Kirchen und Kathedralen fallen mir immer wieder einfache Gebäude auf, vor denen für Jesus geworben oder zu Gottesdiensten eingeladen wird. In mir erzeugt das zwiespältige Gefühle. Einerseits habe ich in Guatemala, wo wir eine kleine Freikirche in der Nachbarschaft hatten, gesehen, wie viel Freude die Leute, die sich dort – nicht nur am Sonntag – versammelt haben, miteinander hatten. Weil die Türen immer offen standen, wurde ich auch einmal Zeugin, als ein Frau vor dem Mikro offensichtlich schwierige Erfahrungen mit der Gemeinde geteilt und dabei geweint hat. Eine Gemeinschaft, in der Freude und Leid miteinander geteilt werden, das scheint mir etwas sehr Schönes. Aber angesichts der Rolle, die die christliche Mission bis in die jüngere Vergangenheit bei der Kolonisierung dieser Länder, der Versklavung der Einwohner der und Zerstörung alter Traditionen in den Ländern Nord- und Lateinamerikas gespielt hat, bleibt mir die Freude im Hals stecken.

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