
Texas hatte ich mir eher als wüstige Landschaft mit lassoschwingenden Cowboys und großen Rinderherden vorgestellt. Unser Weg führt uns aber zuerst zum langgestteckten Padre Usland vor der Stadt Corpus Christi. Was klingt wie ein theologischer Fachbegriff, geht auf den Entdecker Alonzo Alvarez de Pineda zurück. Er soll 1528 am Fronleichnamstag, dem katholischen Fest zu Ehren des „Leibes Christi“, 1528 an einer üppigen subtropischen Bucht an der heutigen Südküste von Texas angelandet sein. Die Bucht und die später dort entstandene Stadt erhielten den Namen des Fetses.
Im Vergleich zu den tropischen Küsten Mittelamerikas erscheint mir dieses Küstenland eher karg, aber dennoch sehr schön, weit und wild.


Ein guter Ort um neuen Atem zu schöpfen für unseren letzten Reiseabschnitt.
Als Kontrastprogramm zum naturnahen Strandleben besuchen wir in Corpus Christi die U.S.S. Lexington, einen ausgedienten Flugzeugträger, der nun als Museum dient. Ich binnimmer wieder erstaunt, mehr noch: schockiert zu erlebwn, wie offen die Amerikaner ihre militärische Stärke demonstrieren und mit welchen Transparenz sie ihre Rüstungskapazitäten zu Schau stellen.

Was für ein Gerät, so ein Flugzeugträger. Große wie ein Kreuzfahrtschiff mit Platz für fast 3000 Soldaten, Kantine, Schlosserei, Friseure, Zahnärzte, …Kapelle. Den größten Raum nimmt das Lazarett ein. Die Schlafräume und Kojen der einfachen Soldaten sind dagegen äußerst beengt. – Ich würde mich da nicht freiwillig zum Dienst melden. Aber irgendetwas scheint Menschen daran zu faszinieren.


Wir begegnen Veteranen, die mit ihren Enkeln hier sind. Ein Mann in Kamouflage-Outfit fährt mit einem Rollstuhl in die Eingangshalle. Ihm fehlt ein Bein, den Rollstuhl bedient er mit den Fingern einer Hand. Trotzdem hat er dem Militär nicht den Rücken gekehrt, ist offenbar immer noch überzeugt, dass sich der Einsatz lohnt.
Ein Teil der Ausstellung widmet sich den Karrieremöglichkeiten von Frauen in der Army. Vor einem Spiegel werde ich aufgefordert, den rechten Arm zu heben – Was für eine Geste! – und mir wird per Computertechnik eine schöne weiße Ausgehuniform gezaubert – altersgemäß mit langem Rock.

In einem Film, der zu jeder vollen Stunde über alle Lautsprecher angekündigt wird, wird die auf dem Schiff installierte Beschleunigungs- und Bremtechnik, die es Flugzeugen ermöglicht, auf so kurzen Strecken zu starten und zu landen, erklärt. Die technischen (und tötlichen) Möglichkeiten eines Kampfflugzeuges werden uns drastisch, inklusive filmreifen Soundtrack, vor Augen geführt. Offensichtlich interessiert das viele Leute. Der auf winterliche Temperaturen heruntergekühlte Filmsaal ist voll. Mir reicht es nach 15 Minuten.
Vielleicht begeistert die Technik hier viele der Besucher. Davon verstehe ich zu wenig. Was ich verstehe, ist, dass die Intention dieser Flugzeug- und Waffentechnik darin liegt, Menschen zu töten und das, was sie geschaffen haben und das Land auf dem sie leben, zu zerstören. Wahrscheinlich ist es gut, sich einmal anzusehen, was z. B. so ein „Blauer Engel“

kann, um ansatzweise die Tragweite dessen zu verstehen, was wir mit dem abstrakten Begriff „Aufrüstung“ bezeichnen. Es geht eben nicht nur um Verteidigung unserer „freiheitlich-demokratischen Werte“. Letztlich geht es um das Potenzial, Leben zu zerstören. Krieg ist immer schrecklich, auch wenn er aus bestimnten Perspektiven vielleicht „gerecht“ erscheint.
Solange wir uns noch an die Gurgel gehen, weil z.B. der andere ein anderes uns fremdes Weltbild hat oder wir was von ihm haben wollen, er es uns aber nicht geben will, solange werden wir Waffen haben. Das kann man gerade wunderbar in Mitteleuropa erleben. Da wird jetzt sowas von aufgerüstet.