Tom-Sawyer-Land

Louisianna ist anders (als Texas). Bei einem Abendspaziergang durch den kleinen Ort Parks, wo wir einen Übernachtungsplatz gefunden haben, winken mir drei schwarze Frauen von ihrer Veranda aus zu. Farbige und weiße Menschen sitzen auf den Veranden ihrer einfachen Holzhäuser oder sind im Garten beschäftigt.

Am nächsten Morgen wollen wir zum Zydaco-Breakfast nach Breaux Bridge. Zydaco ist eine Musikrichtung, die entstand, als im letzten Jahrhundert afroamerikanische und französisch-stämmige Siedler begannen, gemeinsam Musik zu machen.

Tanzen am Samstagmorgen, das entspricht voll meinem Tagesrhythmus. Normalerweise. Aber diese Nacht habe ich mal wieder schlecht geschlafen und mir ist überhaupt nicht nach Tanzen zumute. Daher müssen wir zuerst eine kleine Krise überwinden, bevor wir uns schließlich doch auf den Weg zu „Buck & Jonny’s“ machen. Dort sind um viertel vor 9 morgens schon alle Tische besetzt, die Musik ist in vollem Gange und die Tanzfläche ist ein schwingendes und hüpfendes Gemenge.

Schwarze „Cowboys“ in Jeans, alternatve mit Tattoo und Stirnband, Ladies in Minirock und Cowboystiefeln, in engen Jeans oder in elegantem Schwarz. Die meisten in unserem Alter oder älter, aber auch junge Frauen mit kleinen Kindern sind da. Bunt, fröhlich und ungeordnet. Nur die Pancakes sind schlecht. Immerhin gibt es Kaffee ohne Limit.

Wir sind froh, dass wir das erlebt haben, bevor wir uns ruhigeren Gefilden nähern.

Der Mississippi, sowieso schon ein gewaltiger Strom, hat Hochwasser.

Glücklicherweise gibt es offenbar genügend Überschwemmungsgebiete. Die romantischen Bilder, die ich mit Mark Twains „Tom Sawyer und Hucklberryfinn“-Geschichten verbinde, kann ich nicht recht wiederfinden. Immerhin sind noch einige Villen der großen Plantagenbesitzer jener Zeit zu besichtigen. Zum Beispiel die Nottowayvilla, die John Hampton Randolph 1859 von seinen Sklaven erbauen ließ.

Unsere Guide-Frau ist in der Gegend aufgewachsen und hat als Kind schon in diesem Haus gespielt. Sie führt uns mit großer Hochachtung für den Erbauer und viel Liebe durch die fast 5000 qm Wohn-, Schlaf- und Feierräume. Immerhin hatten die Randolphs 11 Kinder, da braucht man schon etwas Platz. Natürlich stehe ich dem Reichtum, den die Randolphs wie andere ihrer Zeit hauptsächlich durch die Produktion von Zucker und dank ihrer unentgeltlich schuftenden „Diener“ erwirtschaften konnten, kritisch gegenüber. Trotzdem beeindruckt mich, mit wieviel Liebe zum Detail, mit welcher Sorgfalt und mit welchem handwerklichen und technischen Geschick Mr. Randolph dieses Mainson konzipiert hat.

Beispielsweise gab es Gaslampen in jedem Raum, die durch Leitungen mit aus der Zuckerproduktion gewonnenem Gas gespeist wurden.

Tom Saywer mit seiner Tante Polly und die Witwe Douglas haben wahrscheinlich in eher schlichteren Häusern gelebt. Vielleicht so?

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert