Von Erde zu Erde

„Sechs Tage sollst du arbeiten“, so beginnt das biblische Ruhetagsgebot, „und am siebten Tag sollst du ausruhen…“ – Übrigens: Die deutsche „du-sollst“-Formulierung verschleiert das Geschenk, das in diesem siebten Tag liegt: jeder siebte Tag darf arbeitsfrei sein! Eine Erinnerung, dass wir unser Leben nicht verdienen, sondern empfangen, als (bedingungsloses) Geschenk. – (Manchmal möchte ich ein bisschen predigen 😉)

Das haben wir getan: Sechs Tage lang haben wir in Kwasas und Delilahs Garten im besten Sinne gearbeitet und den Boden bereitet für eine neue Aussaat.

Wir haben Beete gewässert, den Boden gelockert und gedüngt und dann mit handgecrunchtem Laub

abgedeckt. Als Dünger dient Kaninchen-Pup, der, liebevoll in einer alten Küchenmaschine geschreddert, dem Boden zurückgibt, was er braucht, um wieder Lust zu haben, Pflanzen und Früchte hervorzubringen. (Eigentlich schräg, dass wir unseren menschlichen „Pup“ in die Kanalisation wegspülen. Könnte das nicht auch als Dünger dienen, so wie Pferde-, Kuh- oder Kaninchenmist?)

Ich erlebe diese Arbeit als so wohltuend und zutiefst sinnvoll. Vielleicht ist es der Schatten, den die Bäume und Pflanzen, die um die beiden Häuschen der Frauen herum bereits gewachsen sind, spenden.

Vielleicht hat das gute Gefühl, das Gartenarbeit vermittelt, auch damit zu tun, das mein Körper hier gefordert ist und der Kopf ausruhen und leer werden kann. Oder ist es der unmittelbar ersichtliche Zusammenhang zwischen Arbeit und Essen?

Jedenfalls kommt mir in diesen Tagen tiefer zu Bewusstsein, dass alles, was wir essen, letztlich aus der Erde kommt; alles, was wir bauen, was wir als Kleidung tragen – selbst die moderne „Plastik“-Kleidung, was wir in unseren Autos und Heizungen verfeuern, was unsere Smartphones funktionstüchtig macht – alles kommt aus der Erde – und kehrt wieder dahin zurück – auch wir selbst.

Mein Bild war bisher: Wir leben auf der Erde und auch von der Erde.

Wenn die Indigenen hier von „Pachamama“, „Mutter Erde“ sprechen, meinen sie alles, was sich auf, über und in der Erde abspielt: Steine und Wasser, Tiere und Pflanzen, Menschen und Geister. Alles ist lebendig und beseelt und alle stehen in Beziehungen zueinander. Nichts und niemand ist besser oder mehr wert als etwas oder jemand anderes. Alles, was wir tun (denken, sagen) wirkt auf das Gesamte. Wenn dieses Geflecht gestört ist, muss für Ausgleich gesorgt werden.

Wäre das heutige Maß an Umweltzerstörung möglich, wenn diese Sicht von „Mutter Erde“ allgemein anerkannt wäre?

Haben wir Christen uns zu sehr auf den Himmel konzentriert, Rettung von dort, von einem Gott außerhalb unserer Erdenwelt erhofft? Haben wir westlich-aufgeklärten und zivilisierten Menschen zu sehr nach dem Nutzen und der Verwertbarkeit von allem für uns gefragt?

Jedenfalls ist Gartenarbeit doch in gewisser Weise ein Beschäftigung mit uns selbst, denn wir sind „von Erde genommen“ und „werden wieder zu Erde werden.“

1 Anmerkung zu “Von Erde zu Erde

  1. Martin

    Hoi Stefanie, wieder einmal eine wunderbare Reflexion. Die Verbindung sowohl zum Himmel als auch zur Erde ist für ein „koscheres“, harmonisches Leben not-wendig. Ich selbst tue mich schwerer mit der Erde 😉 Wenn ich mal in unserem Garten mitarbeite tut es mir aber gut.

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